25.03.2019

Innovation im Textilbeton

Doppelgekrümmte Textilbetonfassade realisiert

Mit diesem Baustoff der Zukunft lassen sich spektakuläre Fassaden einfach und effizient gestalten: In Zusammenarbeit mit dem Institut für Textiltechnik (ITA) der RWTH Aachen University und der Stanecker Betonfertigteilwerk GmbH hat Penn Textile Solutions aus Paderborn eine doppelgekrümmte Textilbetonfassade realisiert. Für Architekten und Ingenieure bedeutet das eine deutlich höhere Gestaltungsfreiheit in der Entwicklung von Betonfassaden und für Bauherren eine wirtschaftlichere Umsetzung.

In der Entwurfsphase von Gebäuden sind häufig doppelgekrümmte Flächen das Mittel der Wahl. Die tatsächliche Realisierung erfolgt jedoch aus Kostengründen vorwiegend ohne diese Bauelemente.  Seit vielen Jahren wird deshalb an der Entwicklung von Bausystemen gefeilt, welche die wirtschaftliche Umsetzung und den individuellen Gestaltungsspielraum vereinen.

Ein Fassadenmaterial, mit dem diese Einschränkungen der Vergangenheit angehören ist durch das Unternehmen für technische Textilien Penn Textile Solutions aus Paderborn in Zusammenarbeit mit dem Institut für Textiltechnik (ITA) der RWTH Aachen University und der Stanecker Betonfertigteilwerk GmbH entwickelt worden. Im Rahmen des Forschungsprojektes „CurveTex – Entwicklung einer drapierfähigen Textilbewehrung zur Herstellung doppelgekrümmter Textilbetonelemente“ konnte eine doppelgekrümmte Textilbetonfassade realisiert werden. „Mit dieser Neuentwicklung vereinen wir alle Vorteile des Textilbetons und ermöglichen die Drapierung von Beton ohne Faltenwurf. Möglich ist künftig eine flexible, nachhaltige und wirtschaftliche Gestaltung anspruchsvoller Fassaden mit Beton“, sagt Markus Regenstein, Geschäftsführer Penn Textile Solutions. Freie Formen wie die der Schalenbaumeister Ulrich Müther oder Herbert Müller sowie wellenförmige oder kreisrunde Strukturen lassen sich zukünftig in Beton umsetzen, der Formenvielfalt sind kaum Grenzen gesetzt.

Baustoff der Zukunft

Textilbeton ist ein Verbundwerkstoff, der aus einer Betonmatrix und Hochleistungsfaserstoffen wie zum Beispiel Carbon besteht. Zur Herstellung der textilen Bewehrung werden aus Endlos-Filamenten zunächst Faserstränge und schließlich textile Gelege mit einem Gitter in der gewünschten Maschenweite erzeugt. Die textile Bewehrung wird mittels unterschiedlicher Verfahren schließlich in einen Feinbeton eingebettet. Seit Mitte der 1990er Jahre wird der Werkstoff an den Universitäten in Dresden und Aachen erforscht und weiterentwickelt. „Das korrosionsbeständige Material kommt mit einer sehr geringen Betondeckung aus, bietet dabei eine extrem hohe Tragfähigkeit und eine lange Lebensdauer. Aufgrund der Wandstärken von nur wenigen Zentimetern ermöglicht Textilbeton die Herstellung extrem leichter und schlanker Bauteile“, erklärt Gözdem Dittel, wissenschaftliche Mitarbeiterin des ITA der RWTH Aachen University.

Neue Entwurfsspielräume


Die Idee des Textilbetons an sich ist nicht neu. Allerdings konnten Textilbetonelemente bisher nur als flache Platten, flache Sandwichstrukturen oder einfach gekrümmte Baustrukturen hergestellt und eingesetzt werden. Die Formbarkeit und Drapierfähigkeit der bisher genutzten Standardtextilien war aufgrund der nicht-elastischen, textilen Gitterstruktur begrenzt. Zur Herstellung doppelgekrümmter Elemente waren diese Textilien nicht geeignet, da sich entweder unerwünschte Falten bildeten oder die Fasern durchtrennt werden mussten. In beiden Fällen konnte die Bewehrung die unter Belastung auftretenden Kräfte nicht aufnehmen. Penn Textile Solutions setzt mit dem jüngst entwickelten drapierfähigen Bewehrungstextil somit neue Impulse und die Entwicklung doppelgekrümmter Textilbetonelemente ohne Faltenbildung.

„Die Mischung des Geleges ermöglicht die Verformbarkeit der textilen Bewehrung“, erklärt Regenstein. Penn Textile Solutions bringt Glasfasern in die elastische Ware ein und erhöht so die Flexibilität des Geleges. Im Rahmen des Forschungsprojekts hat das ITA Materialprüfungen, Auswertungen und Beschichtungsversuche an den von Penn Textile Solutions zur Verfügung gestellten textilen Flächen durchgeführt. „Die kraftaufnehmende Faser des Geleges lag dabei stets fadengerade im Bogen. Unsere schlimmsten Befürchtungen bestätigten sich damit nicht“, erläutert Gözdem Dittel die Herausforderung während der Materialprüfungen. Um Kräfte in beide Richtungen aufnehmen zu können, wurden zwei Gelege in unterschiedlichen Richtungen übereinander gelegt. Anschließend wurden die Gelege verharzt und in Beton gegossen. Das Projektergebnis stellt eine Demonstratorfassade aus zwölf filigranen Textilbetonfassadenelementen dar. Die Fassade mit den Maßen 4,83 Meter x 2,42 Meter x 0,03 Meter wiegt rund 200 Kilogramm weniger als ein entsprechendes Stahlbetonpendant und ist im Betonteilfertigwerk des Unternehmens Stanecker, das unter anderem an der Realisierung des Elbphilharmonie-Daches beteiligt war, ausgestellt. Die Betonspezialisten zeichnen für die Entwicklung des dazugehörigen Produktionsprozesses verantwortlich. „Durch die schlanke Konstruktion verringert sich das Gewicht, so dass sich nicht nur die gestalterischen Möglichkeiten erhöhen, sondern sich auch der Bauablauf effizienter gestalten lässt. Bauzeiten können dadurch erheblich verringert werden“, erläutert Regenstein die weiteren Vorteile der Neuentwicklung.

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