MAGAZIN / REPORTAGEN
Der Steinbruch in Nußloch
Menschen brauchen Rohstoffe. Davon erzählen vereinsamte, ausgehöhlte Steinbrüche mit tief gegrabenen Seen und wüsten Schotterhalden. Doch das ist nur die eine Seite der Medaille.
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Der Steinbruch in Nußloch
Dass nun mehr als
420 Gefäßpflanzen, 53 Biotoptypen, 100 Vogelarten, 12 Amphibienarten,
6 Reptilienarten, 20 Heuschreckenarten, 20 Libellenarten, 40 Tagfalter, 116 Spinnen-arten, Rehe, Wildschweine, Füchse, Dachse, Eichhörnchen und viele Lebewesen mehr, wären sie einer Sprache mächtig, den Steinbruch in Nußloch ihr Zuhause nennen könnten, verdanken sie dem jahrelangen Rohstoffabbau und der anschließenden Renaturierung und Rekultivierung.
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Der Steinbruch in Nußloch
Bereits 80 bis 100 der insgesamt 200 Hektar Gesamtfläche des Steinbruchs wurden renaturiert bzw. rekultiviert. In 20 Jahren wird der gesamte Rohstoff abgebaut sein, bis dahin wird die Rekultivierung/Renaturierung sukzessive vorangetrieben, bis die gesamte Fläche an Natur und Bevölkerung zurückgeführt sein wird. Diese Rückführung erfolgt auf zwei verschiedene Weisen. Zum einen wird Land rekultiviert (von dem lateinischen cultus – Pflege, Bodenbearbeitung, Anbau, Kultur), was bedeutet, dass Abbaufläche wieder wirtschaftlich leistungsfähig und landschaftsästhetisch ansprechend gestaltet wird, z.B. für land- oder forstwirtschaftliche Nutzung, aber auch für Freizeitaktivitäten. Schon jetzt finden auf dem Schotterplatz direkt am Eingang jährlich Theateraufführungen statt. Die Karten sind jedes Jahr restlos ausverkauft und die Theatergruppe kann ihre Utensilien das ganze Jahr über auf dem Gelände lagern.
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Der Steinbruch in Nußloch
Die andere Art, Abbaugelände der Natur zurückzuführen, heißt Renaturierung. Hierbei werden z.B. Steinbrüche oder Kiesgruben durch einheimische Pflanzen- und Tierarten mittels natürlicher Sukzession besiedelt. Der Natur wird größtenteils freier Lauf gelassen, wobei unerwünschte Arten, wie etwa die Robinie, beseitigt werden, damit anderen, gefährdeten Arten der Lebensraum gesichert wird.
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Der Steinbruch in Nußloch
Beim Rohstoffabbau in Steinbrüchen entstehen viele Schutthalden und Schotterflächen. Diese bieten bei einer Renaturierung einen geeigneten Lebensraum für seltene Eidechsen- und Heuschreckenarten, wie etwa die Blauflügelige Ödlandschrecke. Zudem entstehen durch die Schutthalden kleine Hügel mit Südhängen, die im Sommer besonders stark der Sonne ausgesetzt sind, was ein mediterranes Klima auf dem Hang erzeugt. Dadurch können sich wiederum Pflanzenarten wie Lavendel ansiedeln, die in der Regel in unserer geografischen Zone kaum Verbreitung finden
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Die Lebensräume nach der Renaturierung sind teilweise also wertvoller als vor Beginn der Abbauarbeiten.
Schließlich wurde im Nußlocher Steinbruch noch eine beliebte Beute für Geologen freigelegt, nämlich sogenannte Stromatolithen – etwa 220 Millionen Jahre alte versteinerte Blaualgen, die sonst an kaum einem anderen Ort Westeuropas anzutreffen sind. Alles schöne Nebeneffekte, für Wirtschaft, Wissenschaft, Natur und Menschen.