Selbstreinigender Beton

Erhebliche Anstrengungen werden derzeit unternommen, um leicht zu reinigende oder selbstreinigende Oberflächen zu entwickeln. Auch für Betonfassaden gibt es erste Entwicklungen in dieser Richtung.

Um selbstreinigende Oberflächen zu erhalten, gibt es prinzipiell zwei Herangehensweisen: entweder die Oberfläche muss stark wasserabweisend sein (superhydrophob) oder sie ist stark wasseranziehend (superhydrophil) in Verbindung mit einer noppenartigen Mikrostruktur, die den Schmutz abweist wie bei manchen Blattoberflächen. Deshalb spricht man hier auch vom „Lotus-Effekt“.

Superhydrophobe Oberflächen

Um die stark wasserabweisende Wirkung zu erzielen, wird das Material mit Silikonharzen oder Tetrafluorethylen modifiziert oder beschichtet  – Wassertropfen lassen sich dann leicht und vollständig entfernen. Problematisch ist allerdings, dass zu kleine Tropfen nicht mehr abgleiten können und sich samt Schmutzpartikeln lokal festsetzen und und eintrocknen.

Superhydrophile Oberflächen

Superhydrophile Oberflächen sind deshalb die interessantere Alternative. Sie besitzen eine mikroraue, noppenartige Feinstruktur, so dass die Schmutzpartikel in der Regel größer als die Noppen sind und  sich auf den „Spitzen“ absetzen. Die Schmutzpartikel besitzen also eine äußerst geringe Haftung und werden von Wassertropfen beim Abfließen leicht  mitgenommen.

Die Oberfläche wird durch den  Einsatz von photokatalytisch wirksamen Metalloxiden oder -sulfiden modifiziert. Diese chemischen Stoffe entfalten unter dem Einfluß von Licht eine reinigende, schadstoffzersetzende Wirkung.  Die Oberfläche wird beispielsweise mit TiO2 (Titandioxid) beschichtet und in bestimmter Weise mit UV-Licht bestrahlt.

Photokatalytisch aktive Substanzen werden bislang unter anderem zur solaren Entgiftung von verunreinigtem Wasser genutzt, das Wasser fließt hierbei über mit  TiO2  beschichtete Rinnen.

Auch für Betonbauwerke kann TiO2 zum Einsatz kommen, da es im basischen Milieu des Betons wenig reaktionsfreudig ist und keine Auflösung zeigt. Zur Fixierung auf der Betonoberfläche sind folgende Verfahren denkbar: Aufsprühen,  Sedimentation (Eintauchen in ein Bad) oder Erzeugen der Schicht  mit Hilfe eines Gels direkt auf Oberfläche. Die Beschichtungen mittels dieser Verfahren weisen allerdings nur eine  geringe Widerstandsfähigkeit gegenüber mechanischen Beanspruchungen auf. Deshalb gibt es Versuche, die photokatalytisch wirksame Substanz dem Beton gleich zuzumischen („In-Masse-Verarbeitung“). Für die Zugabemengen wird DIN EN 12878 "Pigmente zum Einfärben von zement- und/oder kalkgebundenen Baustoffen - Anforderungen und Prüfverfahren" zugrunde gelegt.

Besonders vorteilhaft ist bei diesem Verfahren, dass bei Beschädigung oder Abnutzung der obersten Schicht auch das darunter liegende Material noch wirksames TiO2 enthält und die selbstreinigende Funktion auch dann erhalten bleibt. Die Abbildung zeigt experimentell, wie Farbstoffmoleküle auf einem mit TiO2 angereicherten Beton durch die Einwirkung einer kreisförmigen UV-Strahlung zersetzt werden -  der Prozess dauert dabei je nach Pigment und Betonart zwischen 15 und 50 Minuten. Weitere Untersuchungen beschäftigen sich damit, in wieweit bei TiO2-modifizierten Betonen nicht nur Farbpigmente sondern auch Luftschadstoffe wie Aromate und Aldehyde zersetzt werden können.

Erste baupraktische Erfahrungen mit photokatalytisch modifizierten Werkstoffen wurden in den USA und Japan gesammelt, meist jedoch mit keramischen Baustoffen wie Fliesen. In Italien kam selbstreinigender Beton zu höheren Weihen:  2003 wurde die Kirche „Dives in Misericordia“ in Rom fertiggestellt. Sie entstand nach einem Entwurf des US-amerikanischen Architekten Richard Meier aus weißem, TiO2-angereichertem, selbstreinigendem Beton. Die segelartigen Wände des Gebäudes können so dauerhaft in makellosem Weiss erstrahlen.

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