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Dokumentations- und Informationszentrum Bergen-Belsen in Lohheide

KSP Engel und Zimmermann, Braunschweig

Architektur

KSP Engel und Zimmermann, Braunschweig

Bauherr

Staatliches Baumanagement ,Celle

Projektbeteiligte

sinai.Faust.Schroll.Schwarz, Berlin (Landschaftsarchitektur); Wetzel & von Seht, Hamburg (Tragwerksplaner); ISVP Lohmeyer + Ebeling, Hannover/Burgdorf (Betoningenieur); HTB Heide-Transport-Beton, Soltau (Transportbetonwerk); Deutsche Doka, NL Hamburg (Schalungshersteller); ARGE Bauunternehmen Wilh. Wallbrecht GmbH, Hannover; Heinken Elektrotechnik GmbH, Bremen (Bauunternehmen)

Jahr

2007

Ort

Lohheide, Anne-Frank-Platz

Konstruktionsmerkmale

Unterschiedlich geneigte Sohl- und Dachflächen mit dreischaligem Fassadenaufbau. Außen- und Innenschale in Sichtbeton mit dazwischen liegender Kerndämmung. Innenliegende Wandschalen sind tragend.

Besonderheiten

Sichtbeton in Ortbetonbauweise. Sichtbetonboden begehbar. Sichtbetonklasse SB4

Preise

Architekturpreis Beton 2008 - Lobende Erwähnung

Beschreibung

2002 wurde ein Wettbewerb ausgelobt, bei dem das Architekturbüro KSP Engel und Zimmermann Architekten mit seinem Entwurf für das neue Dokumentations- und Informationszentrum Bergen-Belsen überzeugte und sich die Berliner Landschaftsarchitekten sinai.Faust.Schroll.Schwarz bei der Freiraumgestaltung durchsetzten konnten. Sie planten einen Korridor auf dem ehemaligen Lagerareal, der die einstige Hauptlagerstraße sowie den Lagertrennstreifen nachzeichnete. Noch erhaltene Fragmente sollten freigelegt und der Aufbau des Lagers so wieder „lesbar“ und verständlich gemacht werden.

Das Dokumentationszentrum ist inzwischen fertig, Ende Oktober 2007 wurde es eröffnet. Ein 200 Meter langes, monolithisches Sichtbetongebäude, das sich mit seiner nur 18 Meter breiten Schmalseite bis an den Parkplatz heran schiebt. Auf der anderen Seite endet es kurz hinter der ehemaligen Lagergrenze. Um den Boden dort nicht zu berühren, kragt der Riegel die letzten Meter aus. Vom Parkplatz kommend, öffnet sich das Gebäude dem Besucher lediglich mit einem Rücksprung im Erdgeschoss. Dieser stellt sich beim Näherkommen als das Ende eines Weges heraus, der den Besucher entlang der Längsfassade führt. Auf der rechten Seite bieten großformatige, rahmenlose Fensterflächen den Einblick ins Foyer. Die Türen sind als massive, bündig in der Wand liegende Elemente und in ihrer reduzierten, geschosshohen Form kaum als solche zu erkennen. Vielleicht gewollt, denn hier befindet sich nicht der Zugang zum Museum, sondern der Ausgang. Um zum offiziellen Eingang zu gelangen, folgt der Besucher weiter dem äußeren Weg. Dieser löst ihn Schritt für Schritt, langsam aus seiner Umgebung und seinem Alltag heraus, erst kaum merklich, durch die schwebende, auskragende Fassade, dann zunehmend stärker durch eine ebenfalls gebäudehohe Wand auf der zuvor freien Seite, anschließend wird der Weg auch von oben begrenzt. In einer Art Tunnel führt er durch das Gebäude in einen japanisch anmutenden Innenhof. Hier verspringt der Weg und führt auf der gegenüber liegenden Seite des Gebäudes erneut schnurgerade und zwischen dem Gebäude und einer Mauer gefangen, auf das Gelände des ehemaligen Lagers hinaus.

Im Innenhof befindet sich der Eingang. Der Weg führt frontal auf ihn zu, aber auch hier ist er nicht leicht zu erkennen. Zu sehr ist der Museumsbesucher wohl an offene, einladend verglaste Foyers gewöhnt. Öffnet der Besucher die hohe schlichte Metalltür, steht er unmittelbar am Anfang der Ausstellung. Ein einziger lang gestreckter, nur punktuell und reduziert beleuchteter Raum, empfängt ihn. Die Ausstellung ist gedanklich in zwei Hälften geteilt. Auf der linken Seite, dem individuellen Gedenkbereich, zeigen vor der Betonwand aufgereihte Monitore Interviews mit Zeitzeugen. Auf der rechten Seite befindet sich die Dokumentation der historischen Ereignisse in kleinen Kabinetten und Vitrinen, die Nischen bilden. Der Fußboden steigt, vom Eingang her, stetig leicht an. Ein irritierendes, da kaum wahrnehmbares Gefühl. Nach rund 50 Meter öffnet sich der Raum zweigeschossig. Ein einziges Panoramafenster am gegenüberliegenden Ende bietet einen Ausblick. Hier schiebt sich die Heidelandschaft mit ihren weiß-schwarzen Birkenstämmen und dem moosig grünen Grund als Bild in die Ausstellung. Die Ausstellung ist hier an einem Wendepunkt angekommen, der Besucher zur Umkehr gezwungen. Als Einbahnstraße bezeichnen die Architekten die Wegeführung, das Herauskommen sollte den Besuchern erschwert werden. Der Weg führt zurück, über eine Treppe ins zweite Obergeschoss wo die Ausstellung mit der Befreiung des Lagers 1945 durch die Engländer fortgesetzt wird und im Foyer endet.

Beton

Mit seinen einheitlichen Sichtbetonoberflächen – innen wie außen, einschließlich der Deckenunterseiten und des äußeren Gehwegs – strahlt das Gebäude Ruhe und Zurückgenommenheit aus. Es schafft so eine konzentrierte Atmosphäre für die Thematik der Ausstellung. Die vom Architekten und Szenografen Hans Dieter Schaal geplanten Vitrinen passen sich dem Gebäude an. Sie sind bewusst zurückhaltend gestaltet, ihr Erscheinungsbild soll an Archivschränke erinnern. Leuchten in den Vitrinen lenken die Aufmerksamkeit des Besuchers auf die Ausstellungsgegenstände. Die Grundbeleuchtung des Hauptraumes erfolgt durch indirektes Licht, das vor allem die rund zehn Meter lange Sichtbetonwand mit ihrer gleichmäßigen, leicht strukturierten Oberfläche anstrahlt und das Gebäude mit seiner Begrenzung nicht vergessen lässt.

Mit dem Dokumentationszentrum Bergen-Belsen haben KSP Engel und Zimmermann Architekten einen zeitgemäßen Weg für das Gedenken gefunden: ruhig und zurückhaltend, dabei unverrückbar und beständig.

Quelle

Bilder und Textmaterial mit freundlicher Genehmigung von opus C | 1.2008

Bildnachweis: opus C / glaeslephoto cologne

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